DREIZEHN IST MEINE ZAHL
"Seit ich zählen kann, zähle ich. Das hilft. Dreizehn ist meine Zahl. So oft haut Mutter mich auf den Rücken. Wenn ich vor Angst Bisi mache, zähle ich auch. Bis dreizehn bleibt es warm, danach wird es kalt zwischen den Beinen. Wenn es dunkel ist, pocht es dreizehn Mal an meine Ohren. Das ist der Tod im Treppenhaus. Hinter der Holzwand, wo Mutter und Vater schlafen, giert's. Dreizehn Mal. Das ist, wenn Vater von der Nachtschicht kommt.
Bei uns auf dem Napf läuft alles verkehrt. Wer auf der Hinterseite des Berges lebt, ist Berner Protestant. Wer vorne lebt, ist Katholik und gehört zum Kanton Luzern. Beides unter demselben Dach verträgt sich schwer. Solange Mutter Protestantin ist, hat sie noch die Fröhlichkeit. Vater ist Katholik, er hat das Schweigen. Das mit meinem schwarzen Herz ahnt kein Mensch. Alle bewundern mich, sie sagen zu mir: "So ein lieber Vater. So eine schöne Mutter. Du wirst mal eine wie sie."
Meine Mutter ist für mich die Grösste. Sie dürfte mich immer hauen. Alles gäbe ich für sie, wenn sie mich nur liebhat. Eines Tages wird sie mich lieben, da bin ich mir ganz sicher, weil niemand sie so liebt wie ich."